Prachtausgabe der Neustadter Bibel von 1594

2019 hat das Pfälzische Bibelmuseum eine prachtvolle und äußerst seltene Ausgabe der Neustadter Bibel von 1594 in der Schweiz erworben. Sie wurde von reformierten Druckerverleger Matthäus Harnisch in Neustadt an der Haardt gedruckt. Die reformierte Kurpfalz entschied sich zwar für den Luthertext statt für den der reformierten Zürcher Bibel von Huldrych Zwingli. Allerdings waren Luthers Anmerkungen und Zusätze nicht mit der reformierten Lehre vereinbar, sodass man diese entfernte. Bereits 1579 erschein in Neustadt im handlichen Quartformat (Rückenhöhe etwa 23-26 cm) eine handliche Bibelausgabe. Neu und revolutionär war die komplette Verszählung, die nun erstmals in einer Bibelausgabe vorlag. Kommentiert wurde die Neustadter Bibel bereits 1587/1588 von David Pareus (1548-1622).  Seine Vorrede fasste die Bedeutung der Heiligen Schrift für Laien zusammen. Der junge Kurfürst Friedrich IV. solle angesichts gefährlicher Zeiten sein Leben nach der Heiligen Schrift ausrichten.  Die Vorreden sollen Verständnishilfen sein. Während Luther die Apokryphen, den Jakobus- und Hebräerbrief sowie die Apokalypse geringschätzte, wertete Pareus alle biblischen Bücher als gleichranging.

Die Neustadter Bibel von 1594 war die erste großformatige Ausgabe im Folio-Format (Buchrücken ca. 32-35 cm). Sie gilt wegen ihrer Ausstattung als prächtigste aller Neustadter Bibeldrucke. Das 2019 erworbene Exemplar ist umfangreich ausgestattet. Es umfasst neu aufgenommene apokryphen Bücher, beispielsweise 3. und 4. Esra und das 3. Buch der Makkabäer, sowie ein ausführliches Register. Im Anhang wurden das damalige Gesangbuch der Kurpfalz, die Psalmengesänge des Ambrosius Lobwasser, der Heidelberger Katechismus, die kurpfälzische Kirchenordnung sowie große Schautafeln zu biblischen Kultgegenständen, der Arche Noahs und des Jerusalemer Tempels hinzugefügt. Zusätzlich wurde ein 1583 entstandenes bibelkundliches Werk aus Frankfurt beigebunden. 

Die vierte Auflage von 1596 erschien wieder im kleineren Quartformat. Nachdrucke in Hanau folgten 1613. Da die Neustadter Druckermarke kopiert wurde, kann man diese Ausgaben oberflächlich nur über vorhandene Titelblätter erkennen.

Inhaltlich war die Neustadter Bibel durch die Kommentare ein Lehr- und Verkündigungsbuch reformierter Prägung. Vereinzelt wenden sich Kommentare gegen Katholiken, Täufer und Lutheraner. Es wird ein Leben angemahnt, dem man die Erwählung Gottes und die Orientierung an der Heiligen Schrift anmerken soll. Politisch Verantwortliche haben für ein geordnetes Glaubensleben Sorge zu tragen.

Als Reaktion auf den Neustadter Bibeldruck 1588 erschien eine Streitschrift von Jakob Andreä, dem Kanzler der Tübinger Universität, in der er die Bibel als „Erzbubenstück“ und „calvinistische verdammte Ketzerei“ nannte. Es würden Irrtümer verbreitet und Luthers heilsame Lehre „ausgekratzt.“ So nennt er die Neustadter Bibel mit des „Teufels Kot beschmeißte Bibel.“ Pareus wehrte sich mit einer 1589 erschienenen Gegenschrift. Er betonte, dass er ja Luthers Übersetzung unverändert übernommen habe. Doch ging der Streit weiter und war ein Beispiel für die Trennung der protestantischen Konfessionen, der im Konfessionalismus endete und erst durch die Unionsbewegung im 19. Jahrhundert in der Pfalz aufgelöst wurde.

Paul Tossanus (1572-1634) führte das Werk des David Pareus in der 1617 erschienenen Tossanus-Bibel fort.   

Die Neustadter Bibel 1594 Online lesen auf der Website der Bayerischen Staatsbibliothek. 

Literatur:

  • Traudel Himmighöfer, Die Neustadter Bibel von 1587/1588. EPV Speyer 1986
  • Michael Landgraf (Hg.): Die Bibel und die Pfalz. Ubstadt-Weiher 2005
  • Die Neustadter Bibel von 1579. Mit einer Einleitung von Michael Landgraf. Hg. von der Stiftung zur Förderung der Pfälzischen Geschichtsforschung, Reihe D. Neustadt 2009

Diese Webseite verwendet Cookies.

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren. Diese Cookies helfen uns dabei, Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten und unsere Webseite ständig zu verbessern. Mit dem Klick auf den Button “Akzeptieren” erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden. Für weitere Informationen über die Nutzung von Cookies oder für die Änderung Ihrer Einstellungen klicken Sie bitte auf “Details”.

Sie geben Ihre Einwilligung, wenn Sie unsere Webseite weiterhin nutzen.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte unserer Datenschutz.

Impressum